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Conversation with Christoph Paul Hartmann

You can find this conversation, made in the wake of the Nordic Bishops’ Conference election of a new president, online here. You can find an English translation of the interview by scrolling down. 

Herr Bischof Varden, hat Sie die Wahl überrascht oder haben Sie schon so ein bisschen damit gerechnet?

Wahlen sind immer überraschend und unvorhersehbar. Aber die Nordische Bischofskonferenz ist nicht groß. Ich wusste, dass die Gefahr besteht, dass ich es werde, hatte aber nicht besonders viel daran gedacht.

Was haben Sie in Ihrem neuen Amt vor?

Das Evangelium verkünden. Versuchen, ein glaubwürdiger Repräsentant der frohen Botschaft zu sein. Ich bin der Überzeugung, dass wir in der Mitte eines kulturellen Umbruchs sind in unseren Ländern. Die skandinavischen Länder sind äußerst säkularisiert und das seit Jahrzehnten. In einem gewissen Sinne ist dieser Prozess jetzt abgeschlossen. Aber der Mensch bleibt Mensch, er sucht Sinn, Schönheit und Wahrheit. Ich stelle fest, dass viele Leute auf der Suche sind. Für die Evangelisierung eine zwar schwierige, aber auch spannende Zeit.

In Nordeuropa gibt es viele Menschen, in deren Familien schon seit Generationen der Glaube kaum noch eine Rolle spielt. Wie wollen Sie denen einen Zugang zu Spiritualität vermitteln?

Viele suchen von selbst. Da muss man das Wort hörbar machen und für diese Aufgabe alle vorhandenen Kanäle intelligent verwenden. Die Kirche kann einen konstruktiven Beitrag für die Kultur und den politischen Diskurs leisten, dafür müssen wir uns auch in der Gesellschaft zeigen. Wir haben mehr zu sagen als immer nur “Nein”. Das ist zwar der Eindruck, den viele Menschen haben, aber ich denke, wenn wir gut zuhören und für die Zeichen der Zeit und die Fragen der Zeit aufmerksam sind, finden wir auch Antworten. Das alles tun wir in der Bewusstheit aus der Osternacht, dass Jesus Christus heute, morgen und für immer derselbe ist. Als Wort des Lebens bietet er auch in unserer Zeit segensreiche Antworten.

Können Sie dafür ein Beispiel nennen?

Bei uns in Norwegen ist die Weltkirche sehr konkret vertreten. In der Prälatur Trondheim gibt es nach der Statistik ungefähr 20.000 Katholiken, die aus 130 Ländern kommen. Das ist eine unglaubliche Vielfalt in Sprache und Kultur. Die Mannigfaltigkeit der Sensibilitäten ist offenbar. Eine der Fragen unserer Zeit ist ja gerade, was es heißt, Gesellschaft zu sein, Volk sein. Ohne unsere kleine Kirche hier zu idealisieren, kann ich aber sagen, dass wir für diese Fragen ein Beispiel geben, wie aus großer Vielfalt trotzdem eine Einheit aufgebaut werden kann. Das ist ein sehr wichtiges christliches Zeugnis heute und etwas sehr Katholisches. Denn wir haben tiefe Wurzeln in unserem eigenen lokalen Zusammenhang, leben aber auch in der Bewusstheit, zu etwas Größerem zu gehören. Gerade diese Spannung auszuhalten ist ein Zeichen für unsere Zeit.

Wie funktioniert das denn in der Praxis? Das katholische Leben ist geprägt von großen Distanzen und extremer Diaspora.

In der Begegnung von Menschen und indem wir unsere Türen weit öffnen. Die Kirche muss ein Treffpunkt für den Gottesdienst sein, aber auch darüber hinaus. Eine Heimat, in der man sich wohlfühlt und für die man sich verantwortlich fühlt, in der gesprochen, gekocht und gespielt wird, wo man sich gegenseitig hilft. Denn auch in einem vorgeblich reichen Land wie Norwegen wächst die Armut, das karitative Wirken wird also immer wichtiger. Zudem leben die Leute weit auseinander. Zur nächsten Kirche sind es nicht selten zwei Autostunden. Wer diesen Einsatz am Sonntag leistet, möchte auch maximal davon profitieren. Das heißt, nach der Messe sind alle zusammen, unterhalten sich, essen zusammen, die Kinder spielen zusammen und lernen sich kennen. Es geht am Ende nur durch die konkrete menschliche Gemeinschaft.

Wie in anderen Regionen Europas auch gewinnen in Nordeuropa rechte Parteien an Zuspruch. Erfahren Sie das als eine Bedrohung für eine katholische Kirche, die sehr migrantisch geprägt ist?

Man muss bei diesen Strömungen europaweit aufpassen, dass wir unser kollektives Gedächtnis nicht verlieren. Denn wir wissen, was daraus erwachsen kann. Allerdings sehe ich es auch mit der Bibel, die davor warnt, zu viel Angst vor der Angst selbst zu haben. Das gilt vor allem beim Thema Migration, hinter dem die Frage steht, über die wir eben schon gesprochen haben: Was macht uns als Gesellschaft eigentlich aus? Da muss man kritisch und vernünftig sein, denn das ist sehr angstbesetzt. Die Katholiken hier sind da aber nicht so auf der Zielscheibe. Natürlich gibt es Rassismus und ich kann die Entwicklung in den kommenden Jahren nicht absehen. Aber die Auseinandersetzungen in unserem Nachbarland Schweden sind doch deutlich schärfer und schroffer als bei uns. Im Allgemeinen verhält sich die Politik hier intelligent in solchen Fragen.

Haben Sie da persönlich ein besseres Standing als Ihre Vorgänger, da Sie der erste gebürtige Norweger auf diesem Posten sind?

Das würde ich nicht sagen. Ich bin mit 16 Jahren weggezogen und habe den Großteil meines Lebens im Ausland verbracht, erst mit 46 bin ich zurückgekommen. Genauso wie ich Norweger bin, fühle ich mich also auch als Ausländer – in meiner jetzigen Rolle nicht unbedingt ein Nachteil.

Die katholische Kirche in Norwegen ist sehr klein, gerade einmal drei Prozent der Menschen sind katholisch. Werden Sie da in der Gesellschaft überhaupt gehört?

Die Lage verändert sich. Wir müssen uns daran gewöhnen, dass wir nicht mehr so klein sind wie vor 30 Jahren. Hauptsächlich durch Immigration ist die Kirche in unseren Ländern in den vergangenen 25 Jahren sehr gewachsen. Prozentual bleiben wir in Norwegen eine winzige Minderheit, aber wir sprechen immerhin von 250.000 Katholiken. Davon sind viele jung und profilieren sich im öffentlichen Leben. Wir haben da unser Wort zu sagen, und die Gesellschaft erwartet das auch von uns. Das habe ich hier kurz nach meinem Amtsantritt in Trondheim gemerkt: Die Bürgermeisterin hat uns Bischöfe aufgefordert, uns aktiv in die Gesellschaft einzubringen. Das müssen wir ernst nehmen und dafür sollten wir dankbar sein.

Viele der katholischen Zuwanderer in Norwegen sind nicht in gutbezahlten Berufen beschäftigt. Das heißt: Trotz Wachstum ist es finanziell oft knapp für die Kirche. Wandelt sich da auch etwas?

Das ist eigentlich immer noch so. Unsere Ressourcen sind materiell und personell knapp. In meiner Kurie hier gibt es nur zwei Mitarbeiter in Vollzeit – und einer davon bin ich. Unsere Strukturen sind klein, wir haben wenige Räumlichkeiten. Eigentlich bräuchten wir Kirchen, Schulen und Kindergärten. Manchmal sind die vielen Leerstellen überwältigend. Aber aus meiner Klosterzeit weiß ich: Im christlichen Leben ist es nicht immer von Vorteil, materiell gesichert zu sein. Armut, geistig und auch materiell gesehen, ist eine christliche Wesensart. Natürlich wollen wir eine Kirche für die Zukunft bauen und unseren Nachfolgern etwas übergeben. Aber so wie es ist, erfahren wir dafür, dass uns viele Menschen in nah und fern verbunden sind und wir uns gegenseitig helfen. Da freut man sich über jeden kleinen Schritt.

Ist die Kirche in Nordeuropa damit auch ein Vorbild für die Weltkirche, von der sich Papst Franziskus nicht zuletzt wünscht, dass sie arm ist?

Das würde ich nicht so sagen: ich sehe uns keineswegs als vorbildlich. Wir versuchen einfach mit unserer Realität im Vertrauen auf den Glauben umzugehen, um daraus etwas Schönes zu machen, den Menschen zum Segen und dem Herrn zu Ehren.

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Bishop Varden, did the election come as a surprise or had you to some extent expected it?

Elections are always surprising and unpredictable. Still, the Nordic Bishops’ Conference is not large. I knew there was a certain risk, but hadn’t thought about it much.

What do you plan to do in office?

Proclaim the Gospel. Try to be a credible ambassador of the good news. I am convinced that we’re in the middle of a cultural shift in our countries. The Scandinavian countries have for decades counted as being very secularised. In a certain sense this process has now come to an end. Yet the human being remains a human being, seeking meaning, beauty, and truth. I ascertain that many people are seeking. This is a difficult but also an exciting time for evangelisation.

In Northern Europe there are many people in whose families the faith has played no part for several generations. How do you propose to give such people access to spirituality?

Many are already looking for it. Our task is to make the Word audible. For this purpose we must use all available channels intelligently. The Church has a constructive contribution to make to culture and to political discourse; for this reason we must be visible in society. We have more to say than merely, ‘No!’. Many people have the impression that we don’t; still, I think that as long as we listen carefully, open to the signs and the questions of our time, we shall find answers as well. We go about this task in the consciousness of what is proclaimed during the Easter Vigil: that Jesus Christ is the same today, yesterday, and for ever. As the Word of Life, he provides for our times, too, answers charged with benediction.

Can you give us an example?

Here in Norway, the Church’s catholicity is palpably evident. In the prelature of Trondheim there are, according to official statistics, some 20,000 Catholics from 130 countries. There is an incredibly plurality of languages and cultures. The diversity of sensibilities is obvious. One of the urgent questions of our times is this: What does it mean to constitute a people? Without wishing to idealise our small Church in these parts, I’d say that we respond to these questions with an example showing that it is possible to build unity out of diversity. That is a crucial testimony today; it stands for something intrinsically Catholic. For we are deeply rooted in our particular context while having, at the same time, the awareness of being part of something greater. To persevere in this tension is a sign for our times.

How does this work in practice? Catholic life is marked by great distances, great scatteredness.

In encounters among people and in as much as we keep our doors wide open. The Church is a place in which we come together for the liturgy, but there is more. The Church is also a home in which one feels at ease, for which one feels responsible, a place in which people talk, cook, and play together, where we help one another. For even in an affluent country like Norway poverty is on the rise, so that charitable enterprise becomes ever more important. It is true that people live far apart. Many drive for two hours to get to church. Those who make this trip on Sunday, want to make the most of it. So after Mass, everyone gathers. People talk and eat together; kids play and get to know each other. All this is only possible through concrete human fellowship.

As in other parts of Europe, the Nordic countries, too, see that right-leaning parties gain ground. Do you see this as a threat to a Catholic Church that is largely a migrant Church? 

With regard to these currents, we must take care not to lose our collective remembrance. For we know what they can grow into. At the same time, I often think of a verse from Scripture that warns us not to fear where there is no fear. That applies not least to migration, which provokes the question we have already address: What in fact constitutes us as a society? We must be both critical and sensible when addressing this issues, which is charged with anxiety. I wouldn’t say that Catholics here are particularly targeted. Yes, there is racism; and I wouldn’t dare to prophesy how things will develop in the years to come. I am aware that the fronts are sharper, harsher in Sweden, just next door. But in general the political establishment engage with these questions intelligently.

Do you personally have a better standing than your predecessors, in as much as you are the first native Norwegian in this office?

I wouldn’t say so. I left Norway at 16 and have spent the greater part of my life abroad. I only returned when I was 46. I am Norwegian, certainly; but I also feel like a foreigner – and that isn’t necessarily a disadvantage in my current role.

The Catholic Church in Norway is small, only about three percent of the population are Catholic. Does society pay any attention to you at all?

The situation is changing. We must get used to the fact of no longer being as small as we were just thirty years ago. The Church in our countries has grown a great deal in the past quarter-century, chiefly through immigration. Percentagewise we remain a small minority in Norway; nonetheless we are speaking of some 250,000 Catholics. Many of these are young; many are vocally present in public life. We have a contribution to make. And society expects that of us. I was alerted to this shortly after taking up office here in Trondheim. The mayor of the city addressed us bishops challenging us to take an active part in society. We should take such incitements seriously; and we should be grateful for them.

Many of the immigrant Catholics in Norway work in low-income professions. That is to say: even though the Church is growing you struggle financially. Is something changing in this respect, too?

The situation is still pretty much unchanged. Our material and personal resources are very limited. In my curia there are only two people working full-time, of whom I am one. Our structures are modest; we have few properties. We could do with more churches, schools, kindergartens. At times one can feel overwhelmed by everything waiting to be done. But I know from my time as an abbot: in Christian life it is not always an advantage to have perfect material security. Poverty, spiritual and material, is a touchstone of Christian authenticity. Of course we want to build up the Church for the future. We want to pass something on to those who come after us. As things are, we experience that people near and far are bound together in close communion, assisting one another. That way you rejoice in every little forward step.

Is the Church in the Nordic countries an example for the global Church, for which Pope Francis has often voiced an aspiration to greater poverty?

I wouldn’t put it like that; I don’t see us as exemplary in any way. We are simply trying to engage with our particular reality with hope and trust. We want to make of it something beautiful, for our good and to the Lord’s glory.

Seljumannamesse.