Words on the Word
Mother of God
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Num 6.22-27: Der Herr wende sein Angesicht dir zu.
Gal 4.4-7: Gott sandte seinen Sohn, geboren von einer Frau.
Lk 2.16-21: Maria erwog die Worte in ihrem Herzen.
Das Kirchenjahr bietet uns eine Reihe von Marienfesten durch die wir den Lebenslauf der heiligen Jungfrau schrittweise betrachten von ihrer Empfängnis zu ihrer Aufnahme in den Himmel. Wir sehen wie Gott sie auf ihre Berufung vorbereitet; wie sie den göttlichen Ruf als Lebensaufgabe annimmt; wie Maria Christus gebärt, weiht and erzieht; wie ihr resolutes “Ja!” zum Fleisch gewordenen Wort sie verwandelt bis in ihr eigenes Fleisch, das den Tod widersteht.
Das Zyklus der historisch fundierten Feste zeigt uns die Vorbildlichkeit Mariens, Mutter des Herrn und Mutter der Kirche. Maria, so lehrt uns Sankt Ambrosius, in einem in Lumen Gentium zitierten Text, ist “der Typus der Kirche unter der Rücksicht des Glaubens, der Liebe und der vollkommenen Einheit mit Christus” (LG 63). In ihr sehen wir unser eigenes Lebensziel, sowie den Weg der zu ihm führt. Die Marienfeste, wie ein verinnerlichtes Echo der Herrenfeste, zeigen uns die vollendetste menschliche Antwort auf Gottes Gnade, mahnen uns zur Bekehrung, und stärken uns im Glauben. Diese Feste sind uns innig lieb, Ausdrücke unserer tiefsten Sehnsucht. Dass sie oft folkloristisch gefärbt werden, ist logisch, denn in ihnen erkennen wir uns selbst und das Leben wie es ist, mit lokaler Prägung.
Das heutige Fest, sehr frühen Ursprungs, hat aber einen anderen Character. Heute werden uns keine besonderen Ereignisse aus dem Leben Mariens vor Augen gestellt, sondern ihr Wesen, ihr Sein. Wir ehren sie als Gottesmutter.
Den Titel Theotokos empfing Maria von der Kirche beim Konzil in Ephesus, im Jahre 431. Ein Jahrhundert war verlaufen seit dem ersten ökumenischen Konzil in Nizäa, dessen 1700-jährigen Jubiläum wir dieses Jahr feiern. Die Kirche rang weiter mit der Frage der Menschwerdung. In Nizäa war festgestellt worden, Christus sei “Gott von Gott, Licht von Licht, wahrer Gott vom wahren Gott”, genau wie es immer noch im Credo steht. Es bestand dennoch die Tendenz, damals wie jetzt, Jesu göttliche Natur zu relativieren. Es ist uns Menschen halt viel bequemer, uns Gott in unserem Bilde vorzustellen als uns selbst in dem seinen. Mit ihrer Definition wollten die Väter von Ephesus die sublimen aber abstrakt klingenden Aussagen von Nizäa näher bringen, biographisch ausdrücken. Maria habe tatsächlich Gott in die Welt gebracht. Ungeschaffenes Feuer sei auf unsre Erde geworfen damit es in uns weiterbrenne. Die Gottesmutter habe die Menschennatur einem verklärenden Götterfunken geöffnet.
Anderthalb Jahrtausend Kirchengeschichte lässt uns Folgendes feststellen: Wo immer man den Gottesmuttertitel vertuscht oder gar verschmäht vergisst man bald den Ruf des Menschen zur Heiligkeit. Man sieht das Christentum nicht mehr als einen Verwandlungsweg, der durch Selbstentäusserung führt zum Anteil an göttlicher Natur (Phil 2.7, 2 Pet 1.4), sondern als Verbesserungspotential therapeutischer oder moralistischer Art, je nach dem. Etwas Seltsames geschieht dann, ja, ein Antiwunder: die christliche Botschaft, so unerhört faszinierend und befreiend, in sich selbst immer taufrisch, eine Botschaft die Zivilisationen erneut hat, erscheint mit eins … langweilig. Die Kirche entzieht sich ihrer marianischen, zugleich jungfräulichen und mütterlichen Gestalt und steht einfach als müdes altes Weib da. Von ihrem Brautkleid mit Schmuck von Ofirgold will sie nichts wissen. Sie ziert sich lieber mit der Mode von gestern, im durchaus optimistischen Versuch, der Welt zu gefallen.
Dass sie dabei wenig Anziehungskraft ausstrahlt kann wohl niemanden überraschen. Möge das Jahr 2025 ein Jahr der Erquickung werden, wahrhaft ein annus Domini im Zeichen von Nizäa und im Zeichen des Jubeljahres! Nur wenn wir mit neuer Kraft erkennen und erfahren was es heisst, Gott ist wirklich Mensch geworden, wird Hoffnung wieder aufblühen in dem wir klar einsehen was für einen Samen der Ewigkeit Vergängliches in sich trägt. Dann kann sich neu verwirklichen was Guardini vor 100 Jahren spürte, sagend: ‘Die Kirche erwacht in den Seelen’. Gebraucht wird sie nun, die erwachte, wahre, um Wegweiserin zu sein fürs beängstigte Abendland.
Kirchliches Erwachen drückt sich nicht unbedingt als Triumph aus. Gott wurde Mensch um die Sünde der Welt hinweg zu nehmen. Der Prozess vollzieht sich im Schmerz, denn Sünde ist zerstörerische, tödliche Kraft. Betlehem weist auf Golgatha hin; die engelumscharte Gottesgebärerin ist zugleich Schmerzensmutter.
Ich denke in dieser Hinsicht an ein starkes Bild, Ihnen allen bekannt, denn es zirkulierte weltweit. Als Notre Dame de Paris nach dem Feuer am 15. April 2019 verbrannt und verletzt dastand, befand sich drinnen, am Altar, ein Objekt merkwürdig unversehrt: die von Ludwig XIV gestiftete Pietà. Der Turm von Viollet-le-Duc war ihr genau zu Füssen gestürzt ohne sie zu berühren. Von Schutt, Schmutz und Asche umgeben, in einer Landschaft der Zerstörung, saß die Gottesmutter treu, rein mit ihrem Sohn im Schoss, die Arme zum Himmel erhoben. Den Wein des Leidens hatte sie getrunken samt der Hefe, strahlte aber Frieden aus wie einen Segen; denn wer Gott empfängt weiss, Licht strahlt im Dunkeln, der Tod ist des Lebens Vorstufe.
Zieht die Kirche Christi neue Kraft aus diesem marianischen Geheimnis kann sie hoffen, aus Trümmern zu erstehen genau wie der Dom von Paris, auf das die Welt glaube.
Das gewähre uns gnädig Gottes und Mariens Sohn, Immanuel. Amen.
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Numbers 6.22-27: May the Lord let his face shine on you.
Galatians 4.4-7: God sent his Son born of a woman.
Luke 2.16-21: Mary pondered these things in her heart.
The liturgical year gives us a range of Marian feasts through which, step by step, we contemplate the life of the Blessed Virgin from her Conception to her Assumption into heaven. We see how God prepared her for her vocation; how she made of God’s call her own vital task. We see how Mary bore Christ, how she dedicated and raised him; and how her resolute ‘Yes!’ to the Word become flesh transformed her in her own flesh, making it resistant to death.
The cycle of historically based feasts shows us the exemplarity of Mary, Mother of the Lord and Mother of the Church. Mary, wrote St Ambrose, in a text cited in Lumen Gentium, ‘is a type of the Church in the order of faith, charity and perfect union with Christ’ (LG 63). In her we see the finality of our own existence, and the way leading to it. The Marian feasts are like an interiorised resonance of the feasts of the Lord. They display the most perfect human response to God’s grace; they call us to conversion; they affirm us in faith. These feasts are very dear to us, as expressions of our deepest longing. The fact that they are often kept with a degree of folkloric panache is entirely logical. We recognise in them ourselves and life as it is, necessarily with a local imprint.
Today’s feast, meanwhile, a feast of ancient origin, is different. No particular incidents from the life of Mary are put before us today. Rather we consider Mary’s being, the essence of her self. We venerate her as Mother of God.
Mary received the title Theotokos from the Church at the Council of Ephesus in 431. A century had passed since the first ecumenical council at Nicaea, whose 1700th anniversary we commemorate this year. The Church still wrestled with the question of the incarnation. At Nicaea it had been established that Christ is ‘God from God, Light from Light, true God from true God’, just as the formula still reads in the Creed. There was, though, a tendency, then as now, to relativise Christ’s divine nature. After all, it is easier for us human beings to imagine God in our image than ourselves in his. By means of their definition, the Fathers of Ephesus wished to bring the sublime but abstract-sounding statements of Nicaea closer, framing them biographically. Mary truly brought God into the world. Uncreated Fire was cast on our earth in order to burn on in us. The Mother of God opened humanity to a transformative divine effulgence.
A millennium and a half of Church history lets us make the following observation: wherever the title of ‘Mother of God’ is ignored or disdained man’s call to holiness will soon be forgotten. Christianity is no longer seen as a proposal of transformation, leading through self-emptying to a partaking of divine nature (Phil 2.7, 2 Pet 1.4), but rather as a formula of self-improvement, variously uttered in a therapeutic or a moralistic key. Something very peculiar then happens, a kind of anti-miracle: the Christian proclamation, so unbelievably fascinating and freeing, ever intrinsically fresh as morning dew, the proclamation that has renewed whole civilisations, suddenly seems … boring. The Church sheds her Marian, at once virginal and maternal character and stands there simply as a tired old woman. She no longer wants to have anything to do with her bridal garment adorned with gold of Ophir. She embraces instead the fashion of yesteryear, optimistically attempting to charm the world.
It should surprise no one that she does not thereby exercise much force of attraction. May the year 2025 be a year of rejuvenation, truly an annus Domini, infused with the spirit of Nicaea and with the spirit of the Jubilee! Only when we recognise and experience with renewed strength what it means that God has truly become man will hope spring again, for we shall realise what a magnificent seed of eternity transient creatures carries. Then we may see a resurgence of the reality Guardini sensed a hundred years or so ago, when he wrote: ‘The Church is awakening in souls’. We need her now, the awakened and true, to be a trustworthy guide for our anxious Europe.
The Church’s awakening does not necessarily express itself as triumph. God became man to take away the sins of the world. The process is accomplished through pain, for sin is a destructive, deadly force. Bethlehem points towards Calvary; the God-Bearer attended by angels is at the same time Mother of Sorrows.
In this respect I think of an evocative image you will all have seen, for it circulated worldwide. When Notre Dame de Paris stood burned out and wounded after the fire on 15 April 2019, there was within it one object that remained strangely unharmed: the Pietà commissioned by Louis XIV. Viollet-le-Duc’s tower had collapsed right at her feet without touching her. Surrounded by dust, dirt and ashes she sat there, in a landscape of destruction, faithful and pure with her Son in her lap, her arms raised heavenward. She had emptied the cup of suffering to the dregs, yet radiated peace as a benediction; for whoever conceives God knows that light shines in darkness, and that death is the threshold of life.
As long as Christ’s Church draws strength from this Marian mystery, she can hope to arise out of destruction quite as the cathedral of Paris, so that the world may believe.
May Emmanuel, Son of God and Son of Mary, graciously grant this. Amen.