Ord Om ordet
Bonifatiusaktion: Ich muss mich ändern!
Zum Anlass der Diaspora-Aktion: Werde Liebesbote!
Weisheit 1:1-7: Die Weisheit ist ein menschenfreundlicher Geist.
Lukas 17:1.6: Wenn dein Bruder sündigt, weise ihn zurecht.
Im 4. Kapitel des Buchs Genesis fragt Kain den Herrn, “Bin ich meines Bruders Hüter?” Die Frage ist voll von Ironie, ja, geradezu von Verachtung, denn Kain hatte Abel eben umgebracht. Der erste dokumentierte Tod im biblischen Text ist ein Brudermord. Das sollte uns nachdenklich machen.
Kains Haltung steht, würde ich sagen, für die Denkweise des atheistischen Menschen, denn Atheist zu sein heisst nicht einfach, nicht an Gott zu glauben. Vielmehr ist ein Atheist jemand, der lebt als ob es Gott nicht gäbe. Atheismus ist auch unter Gläubigen möglich: eine fürchterliche, zerstörende Möglichkeit. So sagt Kain zu Gott: Ich rechne nicht mit Dir und was ich tue geht Dich nicht an. Liebe Schwestern und Brüder, diese Haltung lauert an unsrer aller Tür und hat Verlangen nach uns.
Aber fassen wir Mut!
Dazu lädt Christus uns ein wenn er sagt: “Wenn dein Bruder sündigt, weise ihn zurecht”. Wir tragen Verantwortung die einen für die anderen. Es gibt Normen die nicht überschritten werden dürfen, denn auf der anderen Seite warten Zerstörung und ein schleichend sich verbreitender Tod. Wie machen wir das aber, da wir wissen, die Gefahr besteht, wir wollen den Splitter aus unseres Nachbars Auge herausziehen ohne den Balken im eigenen Auge zu sehen?
Dorotheus von Gaza, ein Mönchsvater des 6. Jahrhunderts, gibt ein hilfreiches Kriterium zur Unterscheidung. Alle, sagt er, sind wir verpflichtet, unseren Brüdern und Schwestern zu helfen, die Sünde zu vermeiden, denn Sünde führt zum Unglück. Aber, fährt er fort, schaue zuerst in dein eigenes Herz. Findest Du dort auch den kleinsten Funken von Wut oder Eifersucht, dann schweige! Denn eine im Zorn gegebene Zurechtweisung, auch wenn sie an ein objektiv böses Verhalten hindeutet, kann keinen Segen bringen. Zorn nährt weiter Zorn.
Was wir tun müssen, also, um unseren Mitmenschen wirklich hilfreich zu sein ist vor allem dies: Ordnung ins eigene Haus zu bringen. Vordem wir mit grossen Dingen um uns herum umgehen, müssen wir, wie der Psalm sagt, uns selbst besänftigen und Ruhe bringen in die eigene Seele (Ps 131). Erst dann sind wir bereit, wirksame Träger des Friedens, der Versöhnung und der Liebe zu werden.
Ein Journalist fragte einmal die selige Mutter Teresa von Calcutta: “Mutter, was muss sich sofort in der Kirche ändern?” Sie schaute ihn an und erwiderte: “Ich muss mich ändern! Und Sie!” Die Reihenfolge ist wichtig. Im Evangelium beten die Apostel den Herrn: “Stärke unseren Glauben.” Der Glaube wird gestärkt wenn wir unser Leben radikal nach ihm richten und dabei bestätigen, aus Erfahrung, die Verheissung Christi ist keine blosse Utopie, sondern neues, verwandeltes, verwandelndes Leben.
Ein Senfkörnchen solcher Erfahrung lässt uns die Welt neu entdecken. Sie erscheint uns auf einmal voll von Möglichkeiten, herrlich und durchstrahlt von liebevoller Kraft.
Wer wird sich dann nicht danach sehnen, Träger und Bote dieser Liebe zu sein bis ans Ende der Erde?
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Grusswort zur Eröffnung der Aktion
Als der jüdische Schriftsteller Elie Wiesel in 1986 Alfred Nobels Friedenspreis bekam, sprach er im Osloer Rathaus diesen tiefsinnigen Satz: “Der Gegensatz von Liebe ist nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit.” Die Gleichgültigkeit verbreitet sich epidemisch in unserer Gesellschaft — nicht notwendigerweise weil wir hartherziger werden, sondern weil wir gnadenlos einsehen, die Welt ist unsagbar fragil und wir ertragen nicht die Verantwortung dafür. Einfacher ist es, die Augen zu schliessen und uns zu sagen, wie die Israeliten zur Zeit des Propheten Jesaja, “Lasst uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot!” Wir haben es nötig, in einem solchen Klima, die evangelische Herausforderung zu hören, “Werdet Liebesbote!” Die christliche Liebe ist letztendlich praktisch und unsentimental. Sie lässt sich nicht entmutigen von einer unendlichen Forderung; sie gibt sich einfach hin im Alltäglichen und Konkreten, vertrauend dass das was sie in Christus verwirklicht unsterblich ist, ein Aufblühen ewigen Lebens hier und jetzt. Ich danke den Vertretern des Bonifatiuswerkes, dass sie dieses Ideal sichtbar und wirksam machen. Wir werden heute zur Aktion aufgerufen. Kämpfen wir gegen die Gleichgültigkeit und für die Liebe, zuerst auf dem Schlachtfeld des eigenen Herzen, dann auf dem Flecken Erde der uns anvertraut ist und in den Beziehungen die sich dort gestalten.